Abhängigkeit von ausländischem Gas, volatile Weltmärkte, enorme Preissteigerungen und nicht zuletzt die unsichere Versorgung der Haushalte: Wie ganz Europa sieht sich auch das Land Steiermark mit dem Landesenergieversorger Energie Steiermark sowie die Stadt Graz auf kommunaler Ebene mit energiepolitischen Herausforderungen konfrontiert und rückt daher die Versorgungssicherheit verbunden mit einer umfassenden Dekarbonisierungsstrategie auf der politischen Agenda ganz nach oben.
Experten sind sich einig: Die Fernwärmeversorgung im Großraum Graz hat sich in den letzten Jahren mehr als positiv entwickelt und damit wesentlich zur Verbesserung der Luftqualität im Grazer Becken beigetragen. Das kommunale „Energiekonzept 2017" der Stadt sowie die Initiativen südlicher Umlandgemeinden bildeten die Basis für die Erhöhung der Anschlusswerte um über 40 Prozent in den letzten Jahren, sodass Graz heute über 80.000 fernwärmeversorgte Haushalte zählt.
Werner Prutsch, Abteilungsleiter im Umweltamt der Stadt Graz: „Ergänzend zu diesem Ausbau hat die Arbeitsgruppe „Wärmeversorgung Graz 2030/2040" bestehend aus Energie Graz, Energie Steiermark Wärme, Holding Graz, Land Steiermark Referat für Energietechnik und Klimaschutz und der Grazer Energieagentur unter der Leitung des Grazer Umweltamtes mitgeholfen, mehrere Projekte aus dem Bereich der Alternativenergie umzusetzen".
Werner Prutsch: „Genau hier setzt der von uns als Arbeitsgruppe erarbeitete „Dekarbonisierungspfad" bis zum Jahr 2030 an. Der Plan sieht für die langfristige Reduktion des Erdgas-Anteils in der Wärmeaufbringung konkret sieben Projekte mit einer Wärmeproduktionskapazität von rund 660 GWh bis zum Jahr 2030 vor. Wesentlich für alle weiteren Planungen ist allerdings, dass nicht nur der aktuell hohe Erdgaspreis, sondern die grundsätzliche Notwendigkeit einer Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und die Reduktion der Treibhausgasemissionen als Grundlage aller weiteren Entscheidungen anerkannt wird."
Für Bürgermeisterin-Stellvertreterin Judith Schwentner ist „die Klimakrise, noch verschärft durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, ökologisch und sozial die größte Herausforderung vor der wir weltweit stehen." Für Graz heißt das konkret: „Eine aktive Klimaschutzpolitik ist unabdingbar. Im Kontext der Wärmeerzeugung ist der Ausstieg aus Öl und Gas ebenso unumgänglich wie die bereits erfolgte Sichtung von Alternativen. Das Energiewerk Graz ist ein wichtiger Baustein für ein emissionsarmes und nachhaltiges Fernwärmesystem. Dazu wurde eine umfassende Studie durchgeführt: Eine moderne lokale Kreislaufwirtschaft, in welcher selbstverständlich Abfallvermeidung und Recycling höchste Priorität haben, gilt es jetzt schnell umzusetzen."
Um auch für die Landeshauptstadt Graz Möglichkeiten auszuloten, stadteigene Ressourcen (Reststoffe und Klärschlämme) zur nachhaltigen und ressourcenschonenden Wärmeaufbringung zu nutzen, wurden von Holding Graz, Energie Steiermark und Energie Graz in enger Abstimmung mit dem Umweltamt der Stadt Graz entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Die bereits im 2. Quartal 2020 in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie sieht im Sinne einer lokalen Kreislaufwirtschaft und unter strikter Einhaltung der sogenannten „Abfallhierarchie" die Verwertung nicht recyclingfähiger Reststoffe aus Rest- und Sperrmüll sowie von biogenem Klärschlamm in hocheffizienten Anlagen vor, die daraus Wärme, Strom und Wasserstoff für den Großraum Graz bereitstellen.
Als bestgeeigneter Standort für das Energiewerk Graz wurde in den durchgeführten Untersuchungen das Gelände des Fernheizkraftwerkes Graz (Puchstraße) identifiziert. Für die Energetische Klärschlammverwertung (EKV) ergab die Untersuchung das Gelände der städtischen Kläranlage in Gössendorf als Standort.